Theatergrauzonen: Mehr Menschenfeindlichkeit auf die Bühne?

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Mo 06.2013
20:00 Uhr

Podiumsdiskussion über Theater, Neonazismus und die Grenzen des Realismus

Montag, 10.06.13, 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels, Karl-Heine-Straße 50
Eine Veranstaltung des Forums für kritische Rechtsextremismusforschung (FKR)

Nach der Premiere vom „Nazistück” im Februar 2013 im Leipziger Spinnwerk (der theaterpädagogischer Bühne des Centraltheaters) wird das Stück kurzfristig abgesetzt. Begründung: Die Intendanz des Centraltheaters kritisiert, dass keine „hinlängliche künstlerische Reflexion, noch eine unmissverständliche Distanz zum Gegenstand” existiert.

Der Regisseur des Stückes hingegen verfolgt das Ziel, „rechtes Gedankengut konzentriert und in sehr realistischer Form ohne große Brechungen” darzustellen. Er sagt im Kreuzer: „Dieses Mittel habe er gewählt, weil das Stück eben zeigen soll, wie und dass Nazitum Alltag ist.”
Immer wieder wird diese realistische Methode und Auseinandersetzung mit Neonazismus, Gewalt und menschenfeindlichen Ideologien im Theater angewandt: Ob schon 1991 in Leipzig in der Produktion „Skins”, im Stück „Der Kick” von Andreas Veiel oder gerade in Dresden in der Inszenierung von „Cherryman jagd Mr. White” - das Thema sowie eine ungebrochen(er)e Inszenierung wird immer wieder versucht. Doch was ist daran zu kritisieren?
Wir fragen uns: Wie viel ungefilterte Neonazi-Ideologie darf auf die Bühne? Wie viel Menschenfeinlichkeit kann gezeigt werden? Gerade weil oder obwohl diese Ideologien der Ungleichwertigkeit doch fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind? Darf und muss der Alltag (un)gefiltert, „ohne die Notausgänge der ironischen Brechungen” (LVZ) auf die Bühne?
Und wo sind die Theatergrauzonen, in denen die Entscheidungen zwischen „Richtig”/„Falsch”, „Realität”/Fiktion” und „Verboten”/„Erlaubt” verschwimmen? Und schließlich: Wer bestimmt, wo sich wiederum die klaren Grenzen zwischen dem, was geht und provoziert und dem, was nicht mehr akzeptabel ist, überhaupt befinden? Was hat uns das Theater weiterhin an Sprache und Mitteln zu bieten, mit Neonazismus als Thema zu arbeiten und es zu problematisieren? Welche ästhetischen und theatralen Strategien gibt es, um mit diesen gesellschaftlichen Zuständen umzugehen? Gerade in kritischer Absicht, aber vielleicht ohne moralischen Zeigefinger?
Nicht zuletzt gilt es auszuloten, was das politisches Theater denn heutzutage ausmacht, das sich solcher Thematiken annimmt?

 

Dazu diskutieren:

Tobias Prüwer (Moderation, Kreuzer Leipzig)

Stefan Kausch (FKR / kritischer Kurator)

Gregor Zocher (Regisseur „Nazistück”)

Steffen Georgi (LVZ, Theaterkritiker)

Alf Thum (Aktionskünstler, Front Deutscher Äpfel)

 

Mit freundlicher Unterstützung durch: Kreuzer; Nazistück; Linksjugend Leipzig