Freie Radikale Rechte Elemente in Diskursen der Mitte Was nehmen wir in aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatten wahr? Es gibt den guten, neuen Patriotismus im Umfeld der Fußball-WM und Kampagnen wie ,,Du bist Deutschland"; das Thema Migration wird mit Begriffen wie Parallelgesellschaften, Einbürgerungstests, Religion und Terrorismus verbunden; man macht sich Sorgen um das Aussterben der Deutschen. Argumente, die bislang eher der so genannten (extremen) Rechten zugeordnet wurden, werden im gesellschaftlichen Mainstream populär. Das wirft aus unserer Sicht eine Reihe von Fragen auf: Ist dies ein neues Phänomen ­ oder sind solche ,,freien Radikale"1 schon immer Teil gesellschaftlicher Diskussionen? Muss sich dann die Analyse und Kritik ,,rechter" Denkfiguren von den Rändern ins Zentrum der Gesellschaft verschieben und kann man deshalb sogar von einem ,,Extremismus der Mitte" sprechen? Verengen Zuschreibungen und Ordnungen wie ,,Rechts", ,,Links" und ,,Mitte" nicht die Perspektive? Muss eine Wissenschaft über einen Extremismus von rechts (und links) die theoretischen Scheuklappen absetzen? Die eingangs erwähnten Debatten und Muster, die auf das vermehrte Auftreten völkischen Denkens in der Politik hinweisen, sind aus unserer Sicht weder einmalige noch neuartige Phänomene gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Solche Argumente und Strukturen verdeutlichen erstens Verbindungen zwischen Mitte und Extremen. Zweitens haben diese Verbindungen eine Geschichte, die es zu beleuchten gilt. Und drittens können Entstehung und Wirkung der ,,freien Radikalen" im Diskurs nur in der Gesellschaft erklärt werden. Das hängt auch mit Vermischungs- und Auflösungstendenzen politischer Positionen und Lager zusammen. Mit Begriffen wie ,,rechts" und ,,links" lässt sich dadurch schwieriger operieren. Dies bietet aber auch die Möglichkeit, den angesprochenen Diskursen nicht von vornherein ,,rechte" Ideologie zu unterstellen und damit ihre Seriosität abzusprechen, sondern genauer hinzuschauen. Unsere ReferentInnen werden diesen Vermutungen anhand einzelner Debatten nachgehen. Wo sind Kontinuitäten und Brüche, wo sind die Orte und Mechanismen der Produktion und Integration von ,,freien Radikalen"? In Kooperation mit Forum für kritische Rechtsextremismusforschung - Freie Radikale Rechte Elemente in Diskursen der Mitte - - Wo werden die Verbindungslinien solcher ,,freien Radikalen" wie völkischem Nationalismus, Standortnationalismus, Ethnisierung von Politik und biopolitischen Argumenten zwischen Mainstream und Außen einer Gesellschaft sichtbar? Wie greifen Diskussionen dabei ineinander und wo sind Abgrenzungen erkennbar? Diese Fragen und mögliche Antworten sollen in der Vortragsreihe diskutiert werden. Veranstaltungsreihe im Wintersemester 2006/07 1 ,,Freie Radikale" sind Teile von Molekülen, an deren Bruchstelle sich ein Atom mit einem ungepaarten Elektron befindet. Dadurch können Kettenreaktionen entstehen, in denen sich ein freies Radikal mit dem Teil eines bestehenden Moleküls zu einem neuen Molekül verbindet und wiederum ein freies Radikal produziert. Dieses Bild für die potenziell zerstörerische Verbindung einzelner Elemente mit bestehenden Zusammenhängen erschien uns für unsere Zwecke und die Auseinandersetzung mit ,,Radikalität" und ,,Normalität" interessant. Die Termine 1. ,,Deutsche Leitkultur" und ,,Parallelgesellschaften" (06150) Diskurse der Rechten und der Mitte ,,Deutsche Leitkultur" und ,,Parallelgesellschaften" wurden in den letzten Jahren zu politischen Schlagworten der Mitte und auch der extremen Rechten. Was steckt hinter diesen Begriffen? Welche (kultur)rassistischen Implikationen werden damit verbunden? Prof. Dr. Gudrun Hentges, Fulda Wer? Wann? Donnerstag, 26. Oktober 2006, 19.00 Uhr Im Geisteswissenschaftlichen Zentrum, Wo? Beethovenstraße 15, Hörsaal 20.10 (Erdgeschoss), Leipzig Die Partner 3. Vom Ort der Bürger zum Standort (06152) Standortnationalismus als politischer Ausweg aus dem Entgrenzungsdilemma? Der Ruf nach Standortsicherung wird immer lauter. Manchen erscheint dies als Rückkehr zum alten Nationalismus. Verkannt wird, dass die Standortdebatte zum neoliberalen Ideal unbegrenzter Kapitalmobilität in Beziehung steht. In welchem Zusammenhang stehen heute Begriffe wie Raum, Grenze, Identitätsbildung und politische Machtstrategien. Wer? Wo? Dr. habil. Wolfgang Luutz, Leipzig In der Moritzbastei (mb), Ratstonne, Leipzig Forum für kritische Rechtsextremismusforschung Das Forum betrachtet sich als Schnittstelle für verschiedene Aktivitäten der Rechtsextremismusforschung. Durch Tagungen, Vortragsreihen oder Workshops versucht das Forum die Wissenschaft und die politische Bildungsarbeit zu verbinden. Es möchte zudem die Forschung zum Thema ,,Rechtsextremismus" einer kritischen Betrachtung unterziehen und ihr ein sichtbares Austausch- und Beratungsforum bieten. Konzeption und Organisation: Anne Dölemeyer, Elena Buck, Anne Mehrer, Stefan Kausch; Kontakt: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung forum@engagiertewissenschaft.de www.engagiertewissenschaft.de Wann? Mittwoch, 13. Dezember 2006, 19.00 Uhr 2. Das lange Sterben der Deutschen (06151) Alte und neue Demografie-Diskurse Politische Schlagwörter wie ,,die schrumpfende Gesellschaft" oder ,,der demografische Niedergang" dominieren die öffentliche Diskussion wie nie zuvor. Gleichzeitig zeigen sich in den Argumenten auch historische Parallelen. Wie entstanden diese Niedergangsszenarien im Laufe des letzten Jahrhunderts? Und welche politischen Anschlusspunkte und Legitimationen bieten die demografischen Prognosen heute? Wer? Wo? Dr. Daniel Schmidt, Leipzig In der Moritzbastei (mb), Ratstonne, Universitätsstraße 9, Leipzig Herbert-Wehner-Bildungswerk e.V. 4. Volk, Staat und Nation (07002) Zur historischen und begrifflichen Genese des Völkischen Nationalismus Wie entwickelte sich der Völkische Nationalismus in Deutschland? Wie und warum ist völkischnationalistisches Denken im Alltagsbewusstsein der Bürgerlichen Gesellschaft verankert? Neben diesen Fragen werden Beispiele der letzten Jahre, wie z.B. die Hohmann-Affäre, analysiert. Wer? Wo? Helmut Kellershohn, Duisburg In der Moritzbastei (mb), Ratstonne, Leipzig Das Herbert-Wehner-Bildungswerk ist ein parteinunabhängiger sozialdemokratischer Verein, der in Sachsen politische Bildungsarbeit betreibt. Mit den Seminaren und Veranstaltungen möchte das Wehnerwerk zum gesellschaftlichen und politischen Engagement ermutigen und befähigen. Kontakt: Herbert-Wehner-Bildungswerk, Kamenzer Str. 12, 01099 Dresden Tel: 0351-8040220 Email: Info@wehnerwerk.de, Internet: www.wehnerwerk.de Wann? Mittwoch, 15. November 2006, 19.00 Uhr StudentInnenrat der Universität Leipzig Mitarbeiter für Antirassismusarbeit Kontakt: antira@stura.unileipzig.de Wann? Mittwoch, 10. Januar 2007, 19.00 Uhr