Die ,,Neue Rechte" ist schon längst im Sächsischen Landtag angekommen Gedanken zur Pressekonferenz der NPD-Landtagsfraktion vom 03. Mai 2005 Von Anne Mehrer Dass die NPD-Fraktion nicht die ähnlich selbstzersetzende Kraft besitzt wie die DVU in Sachsen Anhalt, ist hinlänglich bekannt. Dass sie in den Landtagssitzungen mit zahlreichen Kleinen Anfragen und Dringlichkeitsanträgen nicht nur strategisch die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sondern auch immer wieder mit rhetorisch guten Redebeiträgen aufwartet, ebenfalls. Trotzdem hat das Aufwachen gerade erst begonnen. Die NPD sei ,,auf ekelhafte Weise intelligent" 1, so der SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss. Nun wurde auch die neue Denk - und Theorieschule der Fraktion der Öffentlichkeit vorgestellt. Ideengeber des Programms sind sowohl die im Landtag arbeitenden Referenten und Berater ­ langgediente Kader wie z.B. Karl Richter - als auch Dichter und Denker aus dem Nationalen Spektrum, die jedoch nicht explizit benannt wurden. Karl Richter war es auch ­ neben Peter Marx und Jürgen Gansel, der am vergangenen Dienstag im Landtag den Pressevertretern die wesentlichen Punkte der neuen Theorieschule unterbreitete. Unter dem harmlos anmutenden Titel ,,Dresdner Schule" möchte man eine ,,geistigpolitische Gegenfront" zur Frankfurter Schule schaffen. Diese war und ist ein ,,Generalangriff auf das Volks-, Staats- und Geschichtsbewusstsein der Deutschen" 2. Die Feinde werden in den ,,Machthaber der 68er-Republik" erkannt. Etc. ... Neben den erwarteten braunen Begriffshülsen und rassistischen Erzählungen mit Wahrheitsanspruch sind mir drei wesentliche Punkte aufgefallen: 1. Die Kritik am System BRD im Allgemeinen und Besonderen besitzt viele Schnittmengen Spektrums. mit Positionen Beispiel aus anderen an Lagern den des politischen Zum wird Kritik ,,gleichgeschalteten" Volksparteien geübt, die ,,wie das Zentralkomitee der KPDSU agieren und eine DDR light etabliert haben". Neoliberalismuskritik ist en vogue bei den 1 2 Sächsische Zeitung, 26.01. 2005, S.3 Aus der Erklärung der NPD-Fraktion ,, zu Wesen und Wollen der Dresdner Schule" (Autor: Jürgen Gansel), v. 3.5.2005) Rechten. Wortgewaltig wird postuliert, dass ,,der Mensch wieder im Mittelpunkt stehen muss und nicht die Wirtschaft". In der Argumentation gegen den Nato-Einsatz in Ex-Jugoslawien wird wiederum das von ,,68ern" durchdrungene Polit-Establishment schuldig gesprochen sowie auch negative Amerikabilder bedient werden. Dies soll nur ein kurzer Exkurs sein. Er zeigt jedoch wie anschlussfähig die vertretenen Positionen für ,,mittige" Diskussionen sind, ob nun auf der Strasse oder unter politischen Eliten. 2. Selbstbewusst beschreibt man sich als neue Kraft, die Vieles in Frage stellt und geschickt die Schwächen und Löcher im System benennt, ohne dabei eine nationalsozialistischen Revolution zu beschwören. Es muss neue ,,Facetten in der Diskurslandschaft" geben ­ so Karl Richter und das Monopol der Systemparteien aufgebrochen werden. Das klingt sehr zahm ­ geradezu pluralistisch. Referenzpunkte der Argumentation sind immer wieder kritische Stimmen, die eben gerade nicht aus dem nationalen Lager stammen. Da werden Artikel aus der ,,Zeit" oder der ,,Süddeutschen" zitiert und mit der Nähe zur linksliberalen Presse kokettiert. 3. Andererseits bedient man sich in der Diskussion um die eigene Vergangenheit neu-rechter Denker wie Ernst Nolte und Botho Strauss. Der Historikerstreit, der ,,leider" durch die Intervention ,,bundesrepublikanischen Hofhistoriker" scheiterte, fungiert als ein wichtiger Referenzpunkt im Aufbau der Rechten Theorieschule. Parteienkritiker wie Arnulf Baring, Hans-Herbert von Arnim und Erwin K. Scheuch werden als Bestätigung des Krisenzustandes herangezogen. Das, was die Neue Rechte ausmacht, wurde hier exemplarisch vorgeführt. Die Netzwerke sind vorhanden und die Argumentationslogiken sind alles andere als ,,braunes Geschwafel". Alles, was noch stört, ist das Stigma der braunen Schmuddelkinder, mit denen man sich eigentlich nicht umgeben will. Eckhard Jesse jedenfalls bleibt bei seinem Befund: ,,Die Rechte ist in der Bundesrepublik kein bedeutendes Phänomen[...] Der Einfluss intellektueller Rechtsextremisten auf den politischen Diskurs ist mager[...]" 3 3 Jesse, Eckhard: Von der Linken lernen?, in: Backes, Uwe (Hg.): Rechtsextreme Ideologien in Geschichte und Gegenwart, 2003