Der Streit um die „richtigen“ Erinnerungen

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We 11.2018
19:00 Uhr

An Deutschlands koloniale Vergangenheit erinnert sich heute kaum noch jemand. Dabei waren viele Menschen während und nach der deutschen Kolonialherrschaft begeisterte Kolonialanhänger*innen. Dass die deutsche Herrschaft über kolonisierte Menschen grausam war, wurde weitestgehend hingenommen oder sogar befürwortet. Die Wahrnehmung des deutschen Kolonialismus war hierzulande allgemein positiv. Nachdem Deutschland seine Kolonien nach Ende des Ersten Weltkriegs an Frankreich und England abgeben musste, wurde seitens der Handelsgesellschaften die Rückeroberung der Kolonien stark beworben. Viele Menschen hielten positive Erinnerungen an die Kolonialherrschaft aufrecht, die oftmals mit dem Gefühl von nationalem Ruhm und Ehre verbunden waren. Auch heute gibt es noch immer Personen, die sich positiv auf die Kolonialvergangenheit beziehen. Mittlerweile gibt es aber auch immer mehr Menschen, die anerkennen, dass die deutsche Kolonialherrschaft brutal und ausbeutend war. Sie sind der Meinung, dass die Kolonialzeit mit all ihren Verstrickungen kritisch aufgearbeitet und an sie erinnert werden muss. Diesen Wunsch durchzusetzen, gestaltet sich als schwierig, und die Arten und Weisen, die Gedenkkultur zu gestalten, als vielfältig. Gründe für das Beschönigen der begangenen Taten beruhen beispielsweise darauf, dass Personen die Schuld nicht bei ihren Vorfahren und in Verbindung mit ihrem Land sehen, das für die Kolonialherrschaft verantwortlich ist. Zudem sträuben sich Menschen dagegen anzuerkennen, dass sie noch immer von dem in der Kolonialzeit aufgebauten Machtgefälle gegenüber Menschen im globalen Süden profitieren. Seit einigen Jahrzehnten gibt es viel Streit um die „richtigen“ Erinnerungen und den Umgang mit ihnen. In unserem Vortrag werden wir uns diesen Diskussionen um Erinnerungen anhand der Streitigkeiten um zwei Kolonialdenkmäler in norddeutschen Hansestädten widmen: dem antikolonialen Denkmal „Der Elefant“ in Bremen und dem sogenannten „Askari-Relief“ in Hamburg. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage danach, was es bedeutet, sich (nicht) zu erinnern, und warum eine kritische Erinnerung wichtig ist.


Vortrag und Diskussion mit Emma Hughes und Coletta Franzke (AG Leipzig Postkolonial)

Mittwoch, 28. November 2018 von 19:00 bis 20:30
Links neben der Tanke - Lützner Str. 7, 04177 Leipzig